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Rüstungsboom dank Irak und Afghanistan

Von Hannes Gamillscheg


Stockholm. Die Waffenschmieden haben auch in der Rezession goldene Tage. Die 100 größten Rüstungskonzerne steigerten trotz der globalen Wirtschaftskrise 2009 ihren Umsatz um acht Prozent und trieben ihn auf über 400 Milliarden Dollar hoch. Führend im Geschäft mit Kriegsmaterial sind weiterhin die USA. US-Konzerne stehen für mehr als 60 Prozent der weltweiten Produktion von Rüstungsgütern, sieben der zehn größten Waffenhersteller sind in den Vereinigten Staaten beheimatet. Dies geht aus einem Rapport über die globale Rüstungsindustrie hervor, den das angesehene Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am heutigen Montag veröffentlicht.

Während in vielen anderen Bereichen die Budgets wegen der Krise drastisch zusammengestrichen wurden, hielt der Aufwärtstrend für die Kriegskaufleute unvermindert an. Ihre Umsätze stiegen seit 2002 – inflationsbereinigt – um 59 Prozent. „Die wachsenden Militärausgaben sind der Schlüsselfaktor für die guten Geschäfte“, sagt die Sipri-Waffenexpertin Susan Jackson. Vor allem die Kriege in Afghanistan und Irak tragen zum Rüstungsboom bei. „Das dort verlorene Kriegsmaterial muss ständig ersetzt, repariert und verbessert werde“, sagt Jackson. Doch auch ein generelles Modernisierungsprogramm der US-Streitkräfte heize das Geschäft an. Davon profitieren auch europäische Unternehmer mit einem Standbein auf dem amerikanischen Markt.

Größter Rüstungskonzern war 2009, dem letzten Jahr, für das Zahlen vorliegen, der Flugzeuggigant Lockheed Martin, der die Spitzenposition zurückeroberte, die er im Vorjahr an die britische BAE-Systems verloren hatte. Lockheed Martins Militärsparte, die auf Kampfflieger und Raketen spezialisiert ist, setzte 33,4 Milliarden Dollar um, 3,3 Milliarden als im Jahr davor. Das entspricht dem gesamten Bruttoinlandsprodukt von Staaten wie Turkmenistan oder Jordanien. 82 Staaten der Welt sind nach den Zahlen der Weltbank „ärmer“ als die führende Waffenschmiede.

Neben den USA ist Westeuropa das Zentrum der Rüstungsindustrie. 33 europäische Firmen sorgen für rund 30 Prozent der globalen Produktion. Neben BAE, die allerdings mehr als die Hälfte ihrer Verkäufe durch ihre US-Tochter BAE Systems Inc. tätigt, zählen die transeuropäische EADS, an der Daimler maßgeblich beteiligt ist, und die italienische Finmeccanica zu den Top Ten des Waffenadels. Größter deutscher Rüstungskonzern ist der Artillerie- und Elektronikhersteller Rheinmetall, der von Sipri mit einem Umsatz von 2,64 Milliarden Dollar auf Rang 32 der globalen Liste geführt wird. Ach Krauss-Maffei-Wegmann (50.), Thyssen-Krupp (53.), Diehl (63.) und MTU Aero Engines (82.) zählen zu den hundert umsatzstärksten Waffenproduzenten. Die Schweiz ist durch RUAG, die laut Sipri 730 Millionen Dollar umsetzte, auf Rang 84 in der Auflistung vertreten; ein österreichisches Unternehmen kommt nicht vor.

Keine Daten aus China

Während zehn asiatische Firmen und sieben aus dem nahen Osten zu den großen Herstellern zählen, fehlen Afrika und Lateinamerika in Sipris Liste. Dort fehlen auch China, allerdings nicht wegen zu geringer Waffenproduktion. „Mehrere chinesische Firmen wären sicher groß genug, um sich für einen Platz unter den Top-100 zu qualifizieren“, unterstreichen die Friedensforscher.

Der Mangel an „vergleichbaren und ausreichend genauen Daten“ mache es jedoch unmöglich, die chinesischen Hersteller in die Rangliste aufzunehmen. Ähnliches gelte für Firmen in der Ukraine und Kasachstan.


Rüstungsproduktion

USA

61,50%

Westeuropa

30,00%

Asien

6,00%

Sonstige

2,50%


Rüstungskonzerne

Top Ten, gerundet in Milliarden US-Dollar 2009, in Klammern Veränderungen zu 2008

Lockheed Martin (USA)

33,4 (+3,3)

BAE Systems (GB)

33,3 (+0,8)

Boeing (USA)

32,3 (+3,1)

Northrop Grumman (USA)

27,0 (+0,9)

General Dynamics (USA)

25,6 (+0,9)

Raythean (USA)

23,1 (+2,1)

EADS (Westeuropa: F,D,E,NL)

15,9 (-2,0)

Finmeccanica (Italien)

13,3 (+0,04)

L-3 Communications (USA)

13,0 (+0,09)

United Technologies (USA)

11,1 (+0,5)

FR 21.2.2011

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